Rumänien

Schafherde zur Schur

Freie Musiker in der Gartenwirtschaft

Wir sind in Mamaia am Schwarzen Meer. Ende Mai und immer noch Regen. Es ist kalt, windig und wir sind völlig durchfroren. Die Nächte im Zelt sind eisig, alles ist feucht und klamm. Ich flüchte mich in das Campingplatzrestaurant und wärme mich bei einem heißen Glas Tee auf. Hans geht fotografieren. Es dauert lange bis er wiederkommt aber dann bringt er eine kleine Geschichte mit. Er hat John getroffen. John ist Tankerkapitän auf Urlaub. Sechs Monate Arbeit und auf See, sechs Monate Urlaub im Jahr. Rumänische Vorstellungen von Arbeit und Leben. John hat Hans angesprochen und zum Fisch essen eingeladen, weil er dachte Hans sei ein alter Freund von ihm, der vor 3 Jahren nach Kanada ausgewandert ist. Vielleicht war John aber auch nur langweilig und er dachte ein bisschen Abwechslung könne seinem Urlaubsdasein nicht schaden. Kurz, jetzt kommt Hans vorbei um mich zum Essen abzuholen. John hat hoch und heilig in gutem Englisch geschworen, der Fisch sei frisch und heute Morgen von seinem Kumpel Wasilli gefangen worden. Ich denke mir ebenfalls, ein bisschen Abwechslung kann wirklich nicht schaden und so ziehen wir neugierig  los.


Vorbei an alten, halb verfallenen Häusern, einst vor langer Zeit farbenfroh bunt gestrichen, jetzt verblasst und alt, die Farbe blättert von den Wänden, vorbei an kläffenden Kötern, die sich zum Glück nie weiter als Steinwurfweite heranwagen, vorbei an den letzten Stromleitungen. Das Ende des Dorfes ist in Sicht und wir wissen nicht genau, wo der Weg weitergeht, aber da kommt uns auch schon John entgegen. Freudestrahlend streckt er mir seine Hände entgegen, nennt mich “cherie” und drückt mich herzlich an sich – soweit dies sein nicht unbeträchtlicher Bauchumfang zulässt. Ich lasse es schmunzelnd geschehen und schon werden wir in sein Urlaubsdomizil bugsiert. Normalerweise wohnt John mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in Contanta, aber dieses Wochenende will er mit Freunden hier verbringen. John gehört sicherlich zu den etwas wohlhabenderen Rumänen, denn eine Zweitwohnung kann sich kaum jemand dort leisten. Als Kapitän scheint man auch in Rumänien nicht schlecht zu verdienen. Stolz zeigt er uns sein Inventar, zwei alte aus Brettern zusammen genagelte und bunt gestrichene Schränke, eine Garderobe, die von einem rostigen Nagel mehr schlecht als recht an der Wand gehalten wird - aber sie hält! - ein altes rotes Sofa, das von der Last des Stoffes schier zusammenbricht, ein Esstisch und drei wackelige Stühle, ein Klo das mal vor langer Zeit ein Klo war und eine Küche, in die ich vor dem Essen lieber keinen Blick werfen möchte. Dazu ein Geruch, der wirklich sehr speziell ist! Eine Mischung aus Salmiak, Kloreiniger, Essigsäure und Knoblauch. Nur etwas für starke Nasen, mein verweichlichter mitteleuropäischer Magen meldet sich kleinlaut zu Wort, aber die Neugierde siegt. Geht alles. Vor dem Essen testet Hans den hausgemachten Rotwein, ich bekomme eine alkoholfreie rosa Limo. Bevor ich sie trinke prüfe ich noch mit kritischem Blick, ob die Flasche noch originalverschlossen ist. Sie ist und auch da muss ich durch. Süß, klebrig, und außer dem Zuckeraroma sehr geschmacksneutral in einem Wort. Aber egal. John ist ein Netter, spricht sehr gut Englisch und wir tauschen viele Erfahrungen aus. Er hat viel von der Welt gesehen auf seinen unzähligen Seereisen, und nun genießt er die freie Zeit. Weitere Freunde hat er zum Essen eingeladen. Paul, den Bankdirektor und Wassilli, den Heizer und Maschinisten “seines” Schiffes. Der Fisch ist wirklich frisch, mit wundervollen kleinen biegsamen Gräten gespickt aber nichtsdestotrotz ausgesprochen schmackhaft! Hans nimmt noch einen Nachschlag, ich esse langsam und bedächtig, so dass ich mir eine zweite Portion mit Würde und Anstand ersparen kann. Ich bin mir nämlich nicht so ganz sicher, wie mein leicht angeschlagener Magen auf echt rumänischen Fisch reagiert. Wir verlagern die Unterhaltung nach dem Essen wieder ins Freie um die letzten Sonnenstrahlen zu genießen. Draußen stehen wir um den improvisierten Grill und braten Champignons. Lecker, wirklich lecker! Die Wolken hängen immer noch tief aber wenigstens regnet es nicht mehr. Auf den Feldern hinter dem Haus weiden ein paar Pferde, irgendwo kläfft wieder ein Straßenköter. Die Weinflasche macht die Runde, eine Zigarette zündet die nächste an und die Männer werden immer heiterer und gelassener. Die Sonne sinkt immer tiefer und es wird kälter. Wir verabschieden uns, langatmige Versprechungen und Floskeln werden ausgetauscht, jeder weiß es doch, keiner nimmt es übel. Es gehört so mit dazu und jeder von uns freut sich einen schönen, unterhaltsamen und etwas anderen Nachmittag verbracht zu haben. Morgen früh geht es auf gen Constanza, der alten schönen nostalgischen Stadt am Schwarzen Meer und wir schlendern in der roten Abendsonne zum Campingplatz. Wie immer begleitet vom mutigen Kläffen der Hunde.
(Text von Sabine Pfannerstill)

Wir waren zwei Wochen in Rumänien unterwegs. Das nächste mal werden es sicher vier Wochen. Aber nicht mehr.
Es wäre einfach zu viel. Zu viele Eindrücke, zu viel zum Nachdenken und -- zu viele Schlaglöcher in den Straßen.

Rumänische Wohnung, sie wird nicht gelebt, nur toll eingerichtet.

Wir haben nur im Donaudelta Traktoren gesehen.

Altstadt von Constanza, ein kleines Juwel.